Christian Bazant - Hegemark / The Rise and Fall of Transformative Hopes and Expectations 11.11.2016 - 21.01.2017
Christian Bazant-Hegemark (*1978) ist ein österreichischer Maler, der in der Tradition der Historienmalerei agiert. Seine Werke reflektieren zeitgenössisch-zeitlose gesellschaftliche Themen, aus denen er vor allem das Individuelle herausarbeitet.
In seiner Einzelausstellung „The Rise and Fall of Transformative Hopes and Expectations“ zeigt er vorrangig Mittelformate, die zwischenmenschliche Unklarheiten thematisieren. Die Werke nutzen eine großteils üppige Farbpalette und verarbeiten eine Vielzahl figurativer Chiffren, die durch Abstraktion und Überlagerung ihre Spannung erhalten. Bazant-Hegemark untersucht die Ausdrucks- und Abbildungsfähigkeit figurativer Malerei, wobei sein Interesse insbesondere der Verarbeitung von Mehrdeutigkeiten in gesellschaftspolitischen Prozessen gilt. Die Figuration wird häufig mit einer an Computergrafik-Stereotypen angelehnten Abstraktion verbunden; darin bereitet er theatralische Szenen anonymer Individuen auf, die unklaren, offenen Agenden nachgehen.
Der politische Subtext wird immer wieder durch die Appropriation zeitgenössischer Dokumentarfotografie gestärkt, die auf poetisch-narrative Weise umgesetzt wird – ob Flüchtlingskrise, „Black Lives Matter“ – Protesten, Transsexualität etc. Gezeigt werden unter anderem zwei neue Großformate, die vielleicht das Herzstücke der Ausstellung darstellen: „White Noise“ (2016, 250 x 360 cm, Öl auf Leinwand), und „The Drizzle“ (2016, 250 x 180 cm, Öl auf Leinwand): Ersteres zeigt eine Gruppen von Menschen, die teils als Comicfiguren, möglicherweise verkleidet, gegenüber einem verdutzten, monarchischem Elefanten aufbegehren. „The Drizzle“ (zu deutsch: „Der Sprühregen“) appropriiert eine mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnete Fotografie von Sergey Ponomarev, und thematisiert die Flüchtlingskrise. Das politische Interesse kann bei Bazant-Hegemark vor allem in solchen großformatigen Arbeiten erkannt werden, wo Pathos und Absurdität verbunden werden, es zeigt sich in der jetzigen Ausstellung aber auch in den kleineren Werken, welche individuelle, persönliche Situationen der Transformation und Transgression auf unterschiedliche Weise darstellen. Es sind allerdings insbesondere die Großformate, die als zeitgenössische Historienmalerei fungieren, und das Individuelle im Gesellschaftlichen, sowie das Gesellschaftliche im Individuellen hervorheben.
Den von Bazant-Hegemark verarbeiteten Themen ist eine gewisse Undefinierbarkeit gemein, die die Mehrdeutigkeiten der Conditio Humana widerspiegelt. Diese sich-ständig-verändernden gesellschaftlichen Strömungen lassen sich seiner Meinung nach im Medium Malerei sehr direkt verarbeiten, da dieses zwar visuelle Klarheit, aber zugleich inhaltliche Ambiguitäten immer in sich trägt. Hegemonial geprägte Zustände wie Identität, Geschlecht, Nationalität, aber auch Ereignisse der Erinnerung, Emotion, Intention oder Motivation tauchen in den Bildern immer wieder auf. Die Werke sind das Resultat eines Malereiprozesses der eine bestimmte Emotionalität begünstigt, die durch das Equilibrium aus Emotion und Intellekt entsteht: Malerei als „emotional koherenter“ Raum.
Die in der Galerie Voss gezeigten Werke zeigen Bazant-Hegemarks Interesse an der medialen Befragung von Malerei: nach dem Zustand figurativer Malerei innerhalb postmoderner Kanons; dem Zustand mimetischer Malereistrategien im Allgemeinen, sowie im Speziellen bezüglich post-symbolistischer Nutzung zur Abbildung undefinierbarer Eigenschaften. Die Frage scheint, inwiefern eine „Poetik der Malerei“ ihre Abbildungsfähigkeiten beeinflusst, und welche Möglichkeiten zeitgenössischer Malerei zur Verfügung stehen um Polit- und Gesellschaftsdiskussionen zu führen, wenn ihre ursprüngliche Fähigkeit doch so viel eher eine zur Dokumentation ihrer eigenen Phänomene zu sein scheint (tropfen, fließen, spritzen, etc. – das Abbilden physischer Attribute von Farbe). Wie verhält sich Abstraktion, wenn die ebengenannten Phänomene durch hochdetaillierte Figuration, oder sonstige narrative Mechanismen erweitert werden? Gerade diese physischen Attribute von Malerei scheinen die Abbildung flüchtiger, mehrdeutiger und undefinierbarer Eigenschaften zu begünstigen.
Bazant-Hegemark lebt und arbeitet in Wien.
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit Texten von David Zeller und Siolo Thompson.